Montag, 25. Oktober 2010

topsexliste

Strukturell fällt als erstes auf, dass die einzelnen Absätze jeweils mit elliptischen, teils inversiven Überschriften eingeleitet werden, die meist einen ironischen Unterton besitzen, bzw diesen auf den folgenden Abschintt übertragen. Es wirkt wie eine Liste von Absätzen, die anscheinend zufällig ausgewählt wurden, aber alle mit dem Thema und der Hauptintention zu tun haben, nämlich den Umgang mit Sexualität in unserer Gesellschaft, bzw dem Moral- und Anstandsverlust, welcher durch alle Schichten und Klassen hindurch zu beobachten ist.

So liest man als erste dieser Überschriften "Wohin man sieht, Verkommenheit:" (Zeile 1). Sofort bemerkt man den ironischen Unterton, da hier die weltweite Gesellschaft kritisiert wird, zu der der Leser ja auch zählt. Diese These wird dann mit 3 Beispielen ("Minenarbeiter"(Zeile 1), "fruchtbare Frauen"(Zeile 2), "unsere Mütter"(Zeile 3)) untermauert.

Es folgt nun der zweite Absatz und auch die erste Gesellschaftsschicht: Jugendliche und die Internetkultur. Mit "Was du dir nie eingestehen würdest, eine Website teilt es dir umunwunden mit:Your Mum Was Hot!"(Zeile 6 + 7) beginnt die kritische Auseinandersetzung mit Internet und Jugendlichen, die für Popularität anscheinend alles tun und keine Grenzen kennen, ganz besonders was intimste Themen angeht, also was die meiste Aufmerksamtkeit erregt. Es fällt auf, dass es nicht um Stellungnahmen zu einer bestimmten Meinung geht, sondern das intime Thema an sich der Aufmerksamkeitserreger ist. Hier wurde als Beispiel die Mutter gewählt, wobei jedes andere private Thema sich genauso dafür eignet.

Im folgenden werden auch andere Schichten nicht minder provokativ angesprochen, oder es werden aktuelle Medienereignisse auf den moralischen Aspekt hindurchleuchtet.

Beispielsweise liest man "Das Buch der Woche, ach was, des Jahres! Bald auch in ihrer Buchhandlung:" (Zeile 13 + 14) und man merkt sofort wieder, dass nun ein Absatz folgen wird, der schonungslos ein Buch kritisiert, welches von einer Normalbürgerin mit anscheinend ernsthaften Absichten geschrieben wurde. Inhaltlich beschreibt eine Amerikanerin ihre Beziehungstipps für Frauen die es auf europäische Männer abgesehen haben. Da dieses Buch als einziges Thema Sex hat und dies auf eine nicht wissenschaftliche Art und Weise behandelt, wird auch hier wieder Moralverlust und das Fehlen von Anstand bemängelt.

Gespickt sind die Absätze mit Neologismen, rhetorischen Fragen, Ausrufen und Parenthesen, die allesamt zur Verdeutlichung der ironischen Aussage und der einhergehenden Kritik dienen.

Besonders in der ersten Hälfte des Textes ist öfters ein Wechselspiel von rhetorischen Fragen und ironischen und/oder ausgerufenen Antworten zu sehen. "Und warum sollten man nicht das gesamte Internet an der Tatsache teilhaben lassen?"(Zeile 8 + 9) lautet eine Frage, auf die keine echte oder ernsthafte Antwort erwartet wird. "Also: schnell das Mutterbild einstellen und dann von den andern ranken lassen."(Zeile 9 + 10) ist die Reaktion vom Autor, der hier aber nur die Meinung der jugendlichen Internetbenutzer wiedergeben will, etwas übertrieben, was hier der Veranschaulichung dient. Auch hier wird wieder die Intention deutlich, der Verlust des Sinnes für intime Themen und dies alles nur für Aufmerksamkeit.


Text 2

Schon im Titel „Topsexliste“, Z.1 beschreibt Penni Dreyer den Inhalt ihres Textes. Durch die Aufzählung von Ankündigungssätzen in Form von Ellipsen wie „Vom chilenischen Mitarbeiter zum Werbeträger: …“, Z. 44, „Das Buch der Woche, ach was, des Jahres! Bald auch in einer Buchhandlung in ihrer Nähe: …“, Z. 13f und „Die Studie der Woche: …“ schrieb die Autorin eine Liste der inzwischen von Sex dominierten Lebensbereiche. Durch die Vielzahl der beschriebenen Bereiche versucht die Autorin, dem Leser das Ausmaß der Verkommenheit klar zu machen. Das im Titel enthaltene „Top“, Z.1 zeigt, dass dies nur ein kleiner Ausschnitt der kompletten Liste ist und die Highlights vorstellt.

„Wohin man blickt, Verkommenheit…“, Z. 2, „Darin sind so nützliche Tipps zu finden wie der, mal auf dem Oktoberfest vorbeizuschauen, da sich dort viele Männer aufhalten würden.“, Z.25ff und „…ungefähr so locker und unverkrampft wie ein versteinerter Holzklotz…“, Z. 17, sind die ironischen und oxymoronen Antworten auf das zur Zeit für sie vorherrschende Niveau dieser Gesellschaft. Sie kritisiert klischeehafte Bücher, die sich oberflächlich mit dem Thema Männersuche befassen und die dazugehörigen Autoren, die sich zwar gerne locker und ungezwungen geben, dies aber leider nicht wirklich verkörpern. Mit Stilbrüchen wie „fruchtbare Frauen haben ähnliche Ambitionen und nicht einmal mehr unsere Mütter sind vor dem Sexauge des Internets gewahrt! Jaja, deine Mudder – ein heißes Gerät!“, Z. 3ff, versucht sie dies durch das Anpassen ihrer Sprache an deren und dem daraus resultierenden Kontrast noch zu veranschaulichen.

Wie im dritten Absatz angekündigt, wurden zu diesem Thema auch Studien veranlasst. Durch Ironie, „ Frauen fühlen sich während der fruchtbaren Tage besonders von extrem „männlichen“ Männern a´ la Don Draper angezogen.“, Z. 31ff, „Die allerdings besagt auch, dass Männer mit Glatzenbildung keine Angst haben müssen, für immer chancenlos auf dem Markt zu sein.“, Z. 36ff, „Diese Vorlieben für Testosteron-Bomben äußern Frauen nämlich nur, wenn sie Männer für potenzielle Kurzzeitbeziehungen auswählen…“, Z. 38ff betont Penni Dreyer die Fragwürdigkeit und stellt die Seriösität dieser Studie in Frage. Mit Neologismen wie „Testosteron-Bomben“, Z. 39 zeigt sie uns ihre Vorstellung dieser Männer und bezweifelt in Form der oben genannten Ironie ihre durch Studien bewiesene Anziehungskraft auf Frauen. Die Reihung „Die Frauen und Männer und die Lust“, Z. 31 zeigt durch die Verwendung des Artikels vor der Lust, dass in dieser Studie die Autorin die Frauen und Männer und die Lust separat und scheinbar nicht in einem Kontext sieht. Der Artikel macht die Lust zu etwas Besonderem, zu einem Mysterium und lässt sie nicht mehr als etwas Natürliches, Alltägliches erscheinen.

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